Wer sich seine Dauerkarte im Grenzegangslädchen schon gesichert hat, ist bereits stolzer Besitzer des Metall-Pins. Er dient als Eintrittskarte zum Historischen Festzug und zeigt als herausragendes Motiv unserer Stadtsilhouette den Diebsturm. Im Jahre 2009 wurde er erst renoviert und hat als Teil der alten Stadtmauer eine lange und wechselvolle Geschichte. Aus diesem Grund möchten wir hier auf seine Geschichte eingehen, die jeder auch sehr gut bei einem Historischen Stadtrundgang durch die Altstadt von Wetter erlaufen kann und bei der er an Position 11 zum Thema wird:
Der Diebsturm galt als sichere „Warte“ der ehemaligen Stadtbefestigung, die die Stadt schützen und nach Osten absichern sollte. Neben den großen verbauten Steinen hat wohl ein besonders fester Mörtel dazu beigetragen, dass der Turm noch erhalten ist. So stellt es jedenfalls ein Baugutachten zu Beginn des 20. Jahrhunderts fest.
Schon wesentlich früher ist über die Standfestigkeit dieses Turmes gesprochen worden. Der 1727 in Wetter geborene Pfarrer, Theologieprofessor und spätere Hauptprediger an der Barfüßerkirche (später bekannt als Paulskirche in Frankfurt) Johann Jakob Plitt hat in seinem Buch „Nachrichten aus der Oberhessischen Stadt Wetter“ von 1769 bereits beobachtet, dass von den fünf Türmen der Stadtbefestigung zu seiner Zeit „jetzo nur noch einer im Stande [ist], worinnen das Gefängnis ist“.
Das Gefängnis für die Wetteraner
In der Tat haben in diesem Turm Übeltäter ihre Strafe abgebüßt, was ihm wohl auch seinen populären Namen „Diebsturm“ eingebracht hat. Allerdings saßen Anfang des 19. Jahrhunderts hier nur Wetteraner Bürger, die für kleinere Vergehen wie zum Beispiel einen Gänsediebstahl bestraft wurden. Das Obertor war für schwerere Straftaten und Bürger aus den umliegenden Dörfern vorgesehen.
Der Turm verfällt
Im Laufe der Zeit wurde der Turm von Seiten der Stadt zwar immer instandgehalten, aber nicht grundlegend saniert. Schließlich wurde er als Wohnraum für Obdachlose genutzt und später als Lagerraum an Bürger der Stadt verpachtet. Als das Dach Ende des 19. Jahrhunderts schließlich undicht wurde, riss man es ab, so dass der Turm nun auch im Innern der Witterung ausgesetzt war. Ein Riss entstand, den man nur notdürftig zumauerte. Mehrere Versuche, mit Hilfe von Zuschüssen die notwendigen Sanierungsarbeiten zu finanzieren, scheiterten.
Zum ersten Mal Strom
Als zu Beginn des 1. Weltkrieges die Brennstoffe knapp wurden, ergriff man die Chance, in den Turm ein Transformatorenhaus zu integrieren, um Wetter an die elektrische Überlandleitung anzuschließen. Die erforderlichen Umbau- und Sanierungsarbeiten wurden rasch zum Abschluss gebracht, so dass am 22. Dezember 1916 zum ersten Mal ein elektrisches Licht im Rathaus brannte. Das Ereignis wurde aufgrund der Kriegszeiten in bescheidenem Rahmen im Rathaus mit einem Fass Bier und 15 Zigarren gefeiert. Zwar wurde der Turm durch Nutzung als Transformatorenhaus vor dem sicheren Verfall bewahrt, der ursprüngliche Zustand war aber nicht sicher wiederhergestellt.
Zerstörung und Wiederaufbau
In den letzten Tagen des 2. Weltkrieges brannte der Turm schließlich komplett aus. Die Ursache war wahrscheinlich ein technischer Defekt. Nicht der Turm selbst, aber das angrenzende Gebäude, ursprünglich als Toilettenhaus für die Schule genutzt, wurde von unterschiedlichen Gruppen bis in neueste Zeit genutzt. Im Jahre 2009 schließlich wurde nach umfangreichen Gutachten der Turm in den jetzigen Zustand gebracht. Neben einer grundlegenden Sanierung ist vor allem der Turmhelm mit seinen kleinen Turmgauben wiederhergestellt worden. Orientiert ist die Wiederherstellung an dem Befund von 1916, der sich seinerseits auf ältere bildliche Darstellungen berufen kann.